Der Weg (Teil 3)

23./24.05.2021

Fünfzig Jahre ihres Lebens lagen hinter ihr…5 Jahrzehnte waren ins Land gegangen und sie sah zurück auf ihren Weg, die Auf und Ab’s, die Höhen und Tiefen, verlorene Lieben, Freude und Glück, Trauer und Schmerz, Verluste und geschenkte Zeit. Und jede Menge an besonderen Momenten, die sie geprägt hatten auf den verschlungenen Pfaden ihres Seins hier auf Erden. Längst war sie kein kleines Mädchen mehr, auch der jungen Frau war sie entwachsen. Dennoch konnte sie Beide noch klar in sich spüren. Vor gut 6 Jahren war ein Wandel eingetreten. Sie betrachtete die Welt mit anderen Augen, sah hinter Fassaden, Kulissen und Masken und wurde mehr und mehr zu der, nach der sie so lange gesucht hatte! Viele Jahre meinte sie, sich immer dem anpassen zu müssen, was man von ihr erwartete. Ihre eigene Meinung schien nicht immer erwünscht und so hatte sie viel zu viel mit sich allein ausgemacht oder herunter geschluckt. Solang, bis 2015 ihre Stimme fast verstummte, mehr ein Flüstern war und sie zur Stimmkur fuhr. Die 4 Wochen dort waren der Beginn einer Transformation, die sie so nicht erwartet hatte. Auch wenn es im Anschluss dazu führte, dass sie eine Weile nicht die richtige Beschäftigung fand, war eins klar geworden. In ihr schlummerte etwas, was nach draußen drängte und doch noch nicht sichtbar werden wollte.

Sie hatte sich ausserdem dazu entschieden, erstmal allein zu bleiben, um den Focus auf die Stimme in sich zu lenken, dieser zuzuhören und so ihrer Bestimmung zu folgen. 

Ihr war bewusst, daß die Arbeit mit Kindern sie unheimlich erfüllte und sie darin aufging, die Kleinen ein Stück ihres Weges zu begleiten, sie mutig zu machen, sich auszuprobieren und zu wachsen. Durch deren Augen zu sehen, war jeden Tag wieder ein Geschenk und das authentische Sein der Kinder so besonders für sie. Sie hatte sich aus all den WUNDERvollen Momenten ein Band an Erinnerungen geflochten, was ihre Seele umspannte und ihr Kraft schenkte. Und doch stieß sie immer wieder an Grenzen mit Kolleginnen, die ihr Strahlen und ihre Lebensfreude nicht ertrugen, Lügen über sie verbreiteten und sie denunzierten. Lange hatte sie dafür die Schuld bei sich gesucht. Doch nun wurde ihr klar, dass ihr Anderssein so viele Jahre für sie selbst eine Hürde war, die sie nie überwunden hatte. Im Gegenteil, sie nahm sich zurück, versteckte sich oder verbog sich, um dazu zu gehören. Im Spiegel sah sie eine Marionette, die so funktionierte, wie man an den Fäden zog. Damit sollte nun endlich Schluss sein, denn sie wusste, dass nix falsch an ihr war. Ihr Körper und ihre Seele hatten ihr in den vergangenen Jahren viele Signale geschickt, sie ausgebremst, doch sie war wieder und wieder drüber weggegangen und hatte sich erneut in der alten eingefahrenen Spur ihres Lebens bewegt. Wie beim Aquaplaning war sie kurz raus gefahren und hatte sich dann entgegen ihrer Intuition wieder eingeordnet. Doch immer öfter hörte sie der Stimme zu, die aus ihrem Inneren zu ihr sprach, ja manchmal sogar schrie: „Hör auf! Stopp!“ Wovor hatte sie solche Angst, das Alte hinter sich zu lassen? In ihrer Ausbildung zur craniosacralen Energetikerin war ihr bewusst geworden, dass unser Körper ein Wunderwerk ist und wir in der Lage sind, uns selbst zu heilen. In all unseren Zellen hängen alte Muster, manch Blockade und selbst auferlegte Grenzen. 

Was, wenn sie da ausbrechen könnte? Was, wenn sie damit genau bei sich anfangen würde? Das Alte hinter sich lassen und etwas Neues kreieren und erschaffen. Da sein für Seelen, die nach Hilfe suchen und ihrem inneren Heiler den Weg zeigen, wie man zurück findet in ein leichteres Leben. 

Sie hatte eine große Vision von einem Heilzentrum im Grünen, fernab dem Großstadtrummel, Lärm und Getöse. Wenn sie sich das vor ihrem inneren Auge vorstellte, strahlte sie und war voller Hoffnung und Liebe, die neue Welt damit zu bereichern.

Sie sah Menschen, die dort zusammen kamen, um zu reden, zu träumen, zu meditieren, zu entspannen und gemeinsam etwas erschaffen. Sie sah Kinder, die miteinander herumtollen, die Tiere dort streicheln und pflegen, Blumen pflücken, neugierig und unbedarft  die Gegend erkundend. 

Ein Ort des Friedens, zum Heilwerden und Sein, entstand in ihren Träumen und sie mochte gar nicht die Augen öffnen, um wach zu werden. Sie nahm sich vor, dass Niemand mehr ihre Träume zerschlagen kann, denn ihr Ziel war zwar groß, aber machbar. Vor 2 Jahren hatte sie ihren langjährigen besten Freund verloren, was eine große Lücke schlug und sie straucheln ließ. Aber sie lernte dadurch auch neue Menschen kennen und tat viel, um sein Vermächtnis zu erfüllen. Er fehlte ihr auch jetzt noch in seiner großen Weisheit, ihre Gespräche, Ausflüge, sein wundervoller Humor und dass sie mit ihm schweigen konnte. Er hatte sie viel gelehrt und sie wusste, er wöllte, dass sie ihren Seelenweg geht und das Leben feiert und sich für all das, was sie zu der Frau gemacht hatte, die sie jetzt war. Und so streckte sie ihre Arme hinauf zum Himmel und beschloss, einfach weiterzugehen, so wie es ihr bestimmt war. Den Weg mit all seinen Biegungen, Kreuzungen und Sackgassen, in Vorfreude auf das, was sie noch erleben durfte mit den Seelen, die sie begleiten würden oder ihr neu begegnen. Einen letzten Blick warf sie zurück auf den hinter ihr liegenden Weg und winkte mit einem Lächeln und einer Träne im Auge Denen zu, die sie dort zurücklassen würde. Und sie schickte Vergebung zu Denen, die ihr wehgetan hatten und bat auch um Verzeihung für ihre Fehler. Dann drehte sie sich um und machte den ersten Schritt in ihr neues Leben, noch nicht wissend, was sie erwartete, aber hoffnungsvoll startend.

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